8. Deutscher Assessment Center-Kongress in Potsdam

Mit über 40 Vorträgen und 200 Beteiligten endete der Kongress in Potsdam. Der Arbeitskreis AC ist ein Verein von Firmen und Beratern, gegründet 1977, um die Methodik weiterzuentwickeln. Der achte Kongress stand unter dem Motto: Talente entdecken und fördern − Personaldiagnostik als Wettbewerbsvorteil
Das Team von Obermann Consulting war mit drei Referenten vertreten. Prof. Obermann stellte die Ergebnisse der neuesten Deutschland-Studie zum Stand der Dinge der AC-Methodik vor. Höchste Nachfrage hatte der Vortrag zu Ausbildung und Zertifizierung von AC-Moderatoren, zusammen mit Thomas Albrecht von der Deutschen Telekom. Marcus Holzenkamp berichtete von Development-Center für Fachkräfte. Dr. Cornelia Tanzer stellte die neuen Entwicklungen zur Konzeption von Kompetenzmodellen vor.

Langzeitstudie Studie Credit Suisse – Praxiserfolg nach AC

Mit umfangreichen Studien und Auswertungen werden die Assessment Center bei der Credit Suisse regelmäßig evaluiert. Üblicherweise besteht die methodische Hürde darin, dass im AC negativ votierte Teilnehmer nicht mehr darin beobachtet werden können, wie sie im Vergleich zu positiven Teilnehmern in der Führungspraxis abschneiden. Nicht so bei der Credit Suisse, die jahrzehntelange Erfahrungen mit dem AC hat. Dabei sind die Assessment Center so angelegt, dass das Assessment Center-Ergebnis Besetzungsentscheidungen besser machen soll, aber z. B. ein negatives AC-Ergebnis kein Karriere-Killer ist. Die Ergebnisse der auf dem Kongress von Lohff & Melchior vorgestellten Studien besagt, dass Teams, deren Manager im Assessment Center positiv abgeschnitten haben, ein höheres Mitarbeiterengagement und bessere Geschäftsergebnisse aufweisen. Daneben findet sich bei Managern mit gutem AC-Ergebnis eine 44%-ig niedrigere Fluktuation im Vergleich zu Managern ohne positives AC-Ergebnis.

Fachlaufbahn auch bei mittleren Unternehmen etabliert

Jürgen Böhme (Inhaber der Böhme Management Diagnostik), Ernst-August Bolte (geschäftsführender Gesellschafter der Management Diagnostik Bolte & Meyner GmbH) & Albrecht Ebinger (Leiter der Weiterbildung und Qualifizierung im Vertrieb der Württembergischen Versicherung AG) stellen heraus, dass man bei Entwicklungswegen häufig nur an die Führungslaufbahn denkt, die am Ende aber nur für durchschnittlich 10% der Mitarbeiter in Frage kommt. Die Referenten zitieren eine Befragung bei 82 KMUs, dass 48% bereits eine Fachlaufbahn etabliert haben und 42% die Einführung einer solchen planen.
Marcus Holzenkamp von Obermann Consulting und Rüdiger Fruhner von der Hamburger Sparkasse widmeten sich dem Thema, wie sich Potenzial für solche Laufbahnen diagnostizieren lässt. Klassische AC- Simulationen sind für die interessierende Fragestellung nur bedingt geeignet, da sie keine Aussage über die Führungslaufbahn hinaus ermöglichen. In dem präsentierten Projektbespiel eines 3-tägigen Potenzialassessments werden neben Führungskompetenzen auch Anforderungen an einen Projektleiter bzw. an eine Expertenfunktion erfasst. Die Anforderungs-/Übungsmatrix gewichtet die einzelnen Kompetenzen, so dass im Ergebnis eine Aussage über die bestmögliche Platzierung der Kandidaten getroffen werden kann. Im Feedbackgespräch werden dann die Ergebnisse dem Kandidaten erläutert und entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt. Gleichzeitig erhalten die Teilnehmer vielfältige Feedback- und Reflexionsmöglichkeiten, um sich schon während des Verfahrens mit den eigenen Entwicklungspotenzialen auseinanderzusetzen.
Potenzialanalysen für Projekt- und Expertenlaufbahnen sind eine sinnvolle Ergänzung der klassischen Führungsassessments. Eine qualifizierte Diagnostik bringt für ein Unternehmen und für die Bewerber einen erheblichen Mehrwert. Potenzialträger lassen sich identifizieren, können sich qualitativ weiterentwickeln und an das Unternehmen gebunden werden. Damit sichert sich ein Unternehmen das erforderliche Know-How und unterstützt die Motivation seiner Mitarbeiter.

Situational Judgement Tests (SJT)

Eugene Lurie ist der Vertreter der Obermann Consulting Partner in Russland. Er präsentierte das Vorgehen bei der Sperbank, einer der weltweit größten Filialbanken mit 16.000 Geschäftsstellen in Russland. Hier besteht die Anforderung, die Zahl der Bewerber von über 20.000 auf den jährlichen Bedarf von zwei bis vier Tausend Geschäftsstellen-Leitern zu reduzieren. Aufgrund der Größe von Russland müssen dabei Zeitzonen-Unterschiede von 6 Stunden berücksichtigt werden. Der Flug von Moskau in die äußerste Ecke von Russland dauert zehn Stunden.
Um die Teilnehmerzahlen für das aufwändigere Live-AC zu reduzieren, setzt das Team auf eine Vorauswahl aus kognitivem Testverfahren, computerbasiertem Postkorb, einem Test zu Bankwissen und einem SJT. Dabei werden den Bewerbern typische Anforderungssituationen geschildert, eine von vier Antwortalternativen ist dann richtig. Inhaltlich werden mit dem SJT letztlich Verhaltensintentionen gemessen. Obwohl die SJT – angereichert mit Fotos oder Videos – eine hohe Augenscheinvalidität haben, sind die Ergebnisse eher ernüchternd – allerdings in Linie mit den Ergebnissen aus der Literatur. Die Tabelle zeigt die Vorhersagestärke der vier Instrumente bezogen auf vier unterschiedliche Ergebniskriterien (in Klammern N = Teilnehmer). Die hohe Korrelation zwischen Computer-Postkorb und AC-Ergebnis ist nach Eugene Lurie ein methodischer Artefakt (Optimierung der Computer-Postkorb am AC-Ergebnis).

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