Interview: Das Development-Center bei der Citibank

Das Unternehmen Citibank

Die Citibank Privatkunden AG & Co. KGaA als Teil der Citigroup, des weltweit größten Finanzdienstleisters, schreibt auch in Deutschland eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. In einer schwierigen Situation im deutschen Bankenmarkt gelang es der Citibank auch im Jahre 2003 wieder, ein beachtliches Betriebsergebnis zu erzielen. So stieg das Betriebsergebnis vor Risikovorsorge und Steuern in den ersten neun Monaten in 2003 auf 722 Mio Euro. Das sind 3,6% mehr als im Vorjahreszeitraum.

Obermann Consulting hat für die Citibank das Development Center inhaltlich neu konzipiert und moderiert das Verfahren, nachdem diese Dienstleistung extern vergeben wurde.

Die Gesprächspartnerin von AC-Newsletter (Ansgar Sassen) ist Fr. Kailash von Unruh. Sie ist seit einigen Jahren Personalentwicklerin in der Abteilung Training & Development bei der Citibank und die zuständige Ansprechpartnerin für das Thema Development Center.

Interview

AC-Newsletter: Seit wann existiert das Development Center bei der Citibank?

Fr. von Unruh: Das Development Center existiert schon seit einigen Jahren als gezieltes Feedback-Instrument für angehende Führungskräfte in unserem Unternehmen. Alle Team- und Filialleiter durchlaufen das DC bevor sie offiziell in Position gehen, das gehört bei uns zum Prozess.

AC-Newsletter: Wenn alle Team- und Filialleiter das DC durchlaufen: Handelt es sich dann nicht eher um ein Assessment Center? 

Fr. v. Unruh: Nein, wir fällen in dem DC keine Ja/ Nein-Entscheidungen für bzw. gegen eine Führungslaufbahn. Die Entscheidung fällt vorher nach einem Interview mit dem verantwortlichen Personalreferenten und dem Bereichsleiter. Die nach diesem Interview vorgeschlagenen Potenzialträger unseres Unternehmens erhalten im DC vielmehr die Möglichkeit, detailliertes Feedback zu ihren Stärken und Entwicklungsfeldern zu erhalten. Wie es unser Personalvorstand Ulrich Jordan kürzlich ausdrückte: „Feedback ist der universelle Treiber“ in unserer Organisation .

Es steht ganz klar im Mittelpunkt, eine gezielte Entwicklungsprognose zu tätigen, also heraus zu arbeiten, wann die Person in Position gehen kann und was bis dahin noch wichtige Lernfelder sind, an denen gearbeitet werden sollte. Dabei steht sowohl die Person, der Mitarbeiter selbst, als auch das Unternehmen in der Verantwortung, diese Entwicklungsfelder gezielt anzugehen. Letztlich geben wir den Kandidaten eine faire, zeitnahe und zutreffende Einschätzung Ihrer Leistung – so wie wir, d.h. die Beobachter im DC, sie oder ihn erlebt haben.

AC-Newsletter: Welche Schritte unternehmen Sie, um Vertrauen zu schaffen, um den Entwicklungscharakter der Maßnahme klar herauszustellen? 

Fr. v. Unruh: Wir schaffen beispielsweise größtmögliche Transparenz im Verfahren, wir legen die Kriterien offen, wir messen das Verhalten mit „objektiven“ Kriterien. Wir folgen bei der Citibank klar der Regel, dass unsere Mitarbeiter wissen sollen, was von Ihnen erwartet wird – dafür bedarf es regelmäßigen Feedbacks; im Arbeitsalltag durch die Führungskraft, im Development Center von Personen, die die Kandidaten nicht aus Ihrer unmittelbaren Arbeitsumwelt kennen. Es gibt im Intranet detaillierte Kompetenzprofile eines Team- bzw. Filialleiters, an denen sich die Mitarbeiter orientieren können. Auf breiter Front informieren wir auch in unserem quartalsmäßig erscheinenden Citibanker – unserer Mitarbeiterzeitung – über alle wichtigen Dinge, die einen Citibanker bewegen.

AC-Newsletter: Nochmal zurück zur Entwicklungsprognose: Was bedeutet das konkret für den Teilnehmer? Von welchen Entwicklungszeiträumen reden wir? 

Fr. von Unruh: Wir geben eine konkrete und verbindliche Empfehlung ab, wann wir den Teilnehmer als Team- oder Filialleiter sehen. Diese erhält er direkt im Anschluss an unser 1,5-tägiges Verfahren. In der Citibank geht alles sehr schnell, schnelle Prozesse sind eines unserer Erfolgsgeheimnisse. Wir reden hier von vier unterschiedlichen Ergebnissen: Entweder wird der Kandidat sofort in Position gesehen, vielleicht benötigt er noch 3-6 Monate, in denen er sich entwickeln muss, vielleicht sind aber auch 6-9 Monate Entwicklungszeit passender, je nachdem wie groß die Entwicklungsfelder sind. Wenn die Beobachter noch sehr viele Entwicklungsfelder sehen, kann auch schon mal ein Zeitraum von einem Jahr definiert werden. In diesem Fall setzt sich der Kandidat mit seinem Bereichsleiter und dem zuständigen Personalleiter nach einem Jahr zusammen und reflektiert den Fortschritt, der sich bis dahin – fußend auf dem DC-Ergebnis – ergeben hat.

AC-Newsletter: Das sind im Vergleich zu anderen Unternehmungen extrem kurze Zeiträume – versuchen Sie so die Gewinner-/ Verlierer-Problematik stärker in den Griff zu bekommen? 

Fr. v. Unruh: Das ist das Erstaunliche, egal wie kurz die Zeiträume ausfallen. Die Teilnehmer sind auch enttäuscht, wenn sie zum Beispiel 3-6 Monate als Empfehlung bekommen, in denen mit ihnen intensiv an den Feldern gearbeitet wird, der eine Art Schutzraum für sie darstellt.

Entscheidend ist für uns, dass das Ergebnis an sie offen und klar kommuniziert wird, daher gibt es auch bei uns das System des Hauptbeobachters, dem diese Aufgabe im ersten Schritt zuteil wird und der den Kandidaten während der Veranstaltung intensiv beobachtet, ihn in der Beobachterkonferenz schließlich den anderen vorstellt. Später erhalten selbstverständlich alle Teilnehmer einen Ergebnisbericht, in dem Stärken und Entwicklungsfelder zusammen gefasst sind.

AC-Newsletter: Mit welchen Übungstypen arbeiten Sie im DC?

Fr. v. Unruh: Der Teilnehmer stellt seinen Bereich und seine Aufgaben in der „Eigenpräsentation“ vor, hier geht er auch auf seine Führungsmotivation und vor allem auf seinen Businss Plan ein. In der „Fallstudie“ wird den eher ruhigeren und analysestärkeren Kandidaten Rechnung getragen, die ihr strategisches Denken und ihr Geschäftsverständnis unter Beweis stellen können. Unser „Mitarbeitergespräch“ stellt die klassische Herausforderung zwischen Entwicklungs- und Kritikgespräch dar, allerdings klar auf den jeweiligen Bereich abgestimmt, also abhängig davon, woher der Kandidat kommt. In der Teamübung müssen die Kandidaten die erste Sitzung eines Kick-off-Meetings halten und versuchen, die drei Rollenspieler für ihr Projekt zu gewinnen. Das Interview wird adaptiv durchgeführt, d.h. es gibt zwar drei Themenfelder, die auf jeden Fall abgefragt werden und auf die sich der Kandidat auch vorher vorbereiten kann, daneben werden allerdings auch Fragen zu noch offenen Punkten gestellt. Diese ergeben sich aus der Beobachtungskonferenz am Ende des ersten Tages. Schließlich gibt es noch eine schriftliche Selbsteinschätzungsübung der Teilnehmer zur eigenen Performance am Ende des Verfahrens.

In der Summe haben wir einen gesunden Mix gefunden, der uns einen guten Eindruck von den Kandidaten verschafft und der den Kandidaten verdeutlicht, wo ihre Stärken und ihre Entwicklungsfelder liegen. Dabei haben wir sehr viel Wert darauf gelegt, passende, aktuelle Beispiele aus dem Daily Business abzubilden. So gibt es spezifische Varianten für drei Zielgruppen (Teamleiter in unserem Dienstleistungscenter, dem Back Office der Bank, in Duisburg, Teamleiter in der Hauptverwaltung und den Filialleitern).

AC-Newsletter: Welchen Beitrag leistet die PE in Ihrem Unternehmen, dass die Citibank so stark dar stehen lässt? 

Fr. v. Unruh: Hinsichtlich des DC`s ist klar herauszustreichen: Wir stehen alle gemeinsam unter einem hohen Erfolgsdruck. Schließlich handelt es sich um die Potenzialträger des Unternehmens, die schnell in Position gehen sollen. Offenen Stellen sollen nach Möglichkeit intern besetzt werden. Wir handeln dabei gemeinsam mit den Personalreferenten, die zusammen mit den Führungskräften diese Potenziale erkennen müssen. Unser Ziel ist dabei, dass mindestens ¾ der Kandidaten eine positive Entwicklungsprognose, d.h. kürzer als 12 Monate aufweisen.

AC-Newsletter: Frau von Unruh, vielen Dank für das Gespräch.

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