Validierungsstudie Development-Center

Begriffsbestimmung „Development-Center“

Das Development-Center ist als spezielle Ausprägungsform der Assessment-Center-Technik zu charakterisieren. Primäres Ziel von Development-Centern ist es dabei nicht, Selektionsentscheidungen zu unterstützen oder vorzubereiten, sondern die Selbsteinschätzung der Teilnehmer zu verbessern und Kompetenzentwicklungseffekte zu initiieren.

Das Development-Center ist damit eine Variante eines Assessment-Centers. Es steht aber nicht die Beurteilung im Vordergrund, sondern die Entwicklung der Teilnehmer. Das Verfahren ist so ausgelegt, dass die Teilnehmer am Ende ein Feedback zu ihren Stärken und Entwicklungsfeldern erhalten, und diese die Grundlage für weitere Entwicklungsmaßnahmen darstellen. Das Development-Center ist vom Charakter her eher eine intensive Trainingsmaßnahme mit Assessment-Center-Elementen, obwohl die gleichen Qualitätsmaßstäbe gelten sollten.

Wir als AC- / DC-Spezialisten stören uns immer wieder an der unsauberen Verwendung der Begriffe, wenn das DC auch verwendet wird für interne Selektionsentscheidungen oder Mischformen der Potenzialanalysen. Dies fördert nicht den Rum des DC und wäre auch eine Verletzung der Qualitätsstandards des AC/ DC des relevanten Gremiums Arbeitskreis Assessment e.V.

Steigender Einsatz von Development-Centern zur Kompetenzentwicklung

Ziel der Validierungsstudie war es, ein bestehendes Development-Center für Führungskräfte und Experten zu evaluieren und hinsichtlich seines praktischen Nutzens zu überprüfen. Aufgrund der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und des demographischen Wandels stehen viele Firmen vor der Aufgabe, in die Kompetenzentwicklung und Bindung der Mitarbeiter zu investieren. Diesen Trend spiegelt auch schon die Benchmark-Studie des Arbeitskreis Assessment aus 2016 wider. So war ein zentrales Ergebnis, dass sich die Anzahl derjenigen Unternehmen, die Development-Center einsetzen, in den letzten Jahren deutlich erhöht hat.

Klassische Gütekriterien und Kompetenzentwicklungseffekte auf dem Prüfstand

In einer Längsschnittstudie wurde zunächst das Development-Center anhand der Ergebnisse von 136 Teilnehmern und aus telefonischen Nachbefragungsdaten hinsichtlich seiner Reliabilität und Validität überprüft. Daneben standen auch die durch das Development-Center initiierten Kompetenzentwicklungseffekte sowie die Bindung an das Unternehmen im Fokus der Untersuchung. Grundlage dieser Einschätzung waren die anonymisierten Antworten der Teilnehmer im Rahmen der telefonischen Nachbefragung.

„Kreatives Problemlösen“ und „Bereitschaft zu Einflussnahme“ sind die stärksten Prädiktoren für Berufserfolg

In der vorliegenden Studie ergeben sich signifikante Zusammenhänge mit der Karriereentwicklung für das „Gesamtergebnis“ und für die Development-Center-Dimensionen „Kreatives Problemlösen und Innovation“ sowie die „Bereitschaft zur Einflussnahme“. Damit wird die aus der Assessment-Center-Wissenschaft bekannte gute prädiktive Validität der Assessment-Center-Methode bestätigt. Dies ist insbesondere dahingehend positiv zu bewerten, dass es beim vorliegenden Development-Center nicht um eine Besetzungsentscheidung ging und daher im Vergleich zu einem klassischen Assessment-Center eine geringere prädiktive Validität zu erwarten gewesen wäre.

Positive Effekte auf die Unternehmensbindung und die Kompetenzentwicklung

In Bezug auf die Kompetenzentwicklung sowie die Bindung an das Unternehmen zeigen sich positive Effekte. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass realitätsnahe Instrumente eingesetzt werden, sowie dass das gegebene Feedback akzeptiert wird. Interessanterweise konnte wider Erwarten kein signifikanter Einfluss des Gesamtergebnisses auf die „Feedback-Akzeptanz“ gefunden werden. Dies steht im Widerspruch zu Erkenntnissen aus der Assessment-Center-Forschung. Als signifikanter Einflussfaktor für die „Feedback-Akzeptanz“ konnte aber die „professionelle Durchführung“ ermittelt werden.

Implikationen für die Praxis

Praxistipp 1: Reduktion der Anforderungsdimensionen und Fokussierung auf entwickelbare Dimensionen

Um die Reliabilität und die Validität von Development-Centern zu verbessern, sollte bereits bei der Definition der Anforderungsdimensionen Wert darauf gelegt werden, dass die verwendeten Skalen hinsichtlich ihrer Anzahl begrenzt und im Hinblick auf ihre Homogenität überprüft sind. Ein weiterer Aspekt liegt darin, sich in einem Development-Center — im Gegensatz zum Assessment-Center — auf diejenigen Dimensionen zu konzentrieren, die auch entwickelbar sind.

Praxistipp 2: Einsatz realitätsnaher Übungen und Instrumente

Daneben ist es zum einen für die Inhaltsvalidität, aber auch für die Akzeptanz des Feedbacks von Bedeutung, dass die eingesetzten Instrumente realitätsnah sind. Damit haben unternehmens- und teilnehmerspezifisch entwickelte Verfahren klare Vorteile gegenüber Standardverfahren ‚von der Stange‘. Bei einer heterogenen Teilnehmergruppe gäbe es die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben zu ‚Job-Familien‘ zusammenzufassen und unterschiedliche Verfahrensversionen zu entwickeln. Damit gelänge es, mit einem vertretbaren Aufwand unternehmens- und bereichsspezifische Besonderheiten abzubilden.

Praxistipp 3: Integration von Lerneinheiten und Feedbackquellen in das Development-Center

Für das Ziel, durch das Development-Center eine Kompetenzentwicklung zu erreichen, empfiehlt es sich, bereits im Verfahren einzelne Lerneinheiten zu schaffen. Durch intensive Zwischenfeedbacks nach den Übungen und der Gestaltung von Wiederholungsübungen können die Teilnehmer bereits erste Verhaltensalternativen ausprobieren.

Praxistipp 4: Transparenz im Hinblick auf die Zielsetzung des Verfahrens

Daneben sollte den Teilnehmern gegenüber deutlich herausgestellt werden, dass das Development-Center das Ziel der Entwicklungsunterstützung verfolgt. Dies wiederum hat einen positiven Einfluss auf die Bindung an das Unternehmen. Mangelnde Transparenz im Hinblick darauf, was die Zielsetzung des Verfahrens ist und was mit den Ergebnissen des Development-Centers geschieht, hat eher einen gegenteiligen Effekt.

Praxistipp 5: VUCA und agile Führung – aktuelle Inhalte

Auch schon vor Corona ist die Arbeitswelt agil, remote und digitaler geworden. Das muss sich auch in den Inhalten des DC zeigen. Inhaltlich sollte das Feedback entlang zukunftsorientierter Anforderungen (Stichwort agile Führung) erfolgen. Dies bedeutet z. B. Inhalte wie VUCA, Hyperawareness, Fast Execution, Customer Delight, Collaboration, Psychological Empowerment.  Auch in den Übungsbeispielen sollte die aktuelle Arbeitswelt sichtbar werden, etwa mit einer simulierten Teambesprechung in remote und Anpassung der Verhaltensanker an veränderte Anforderungen der Kommunikation bei Videokonferenzen.

Praxistipp 6: Digitale Umsetzung 

Wir sollten nicht zurückstehen, wenn das Business digitaler wird. Auch schon vor Corona führen wir komplette Trainingsreihen und DC remote durch. Damit wird die Hemmschwelle für internationale Formate geringer. Dazu nutzen wir unsere sogenannte AC-App, mit der ein DC von A-Z digital organisiert wird: Einladungsmanagement, Zeitpläne automatisch generiert, Dokumentation der Feedbacks und Beurteilungen, Erstellung von Reports.

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